Der Herbst kommt

Langsam wird es kälter hier im Land. Nachdem die letzten zwei Wochen nochmal richtig spätsommerlich (jedenfalls für deutsche Verhältnisse) waren, kommt der Herbst nun auch nach Palästina. Besser gesagt: Er ist jetzt da...

Heute früh sah das Wetter eigentlich noch ganz gut aus, aber gerade als ich heute Mittag zu meinem Arabischkurs nach Ramallah aufbrechen wollte, fing es an zu nieseln. Also schnappte ich mir noch schnell meine Regenjacke und machte mich auf den Weg und auf die Suche nach einem Service nach Ramallah. Freitags ist das gar nicht so leicht, aber nachdem ich eine Weile durch Bir Zeit gelaufen war, sammelte mich ein Service auf. Das Nieseln hatte schnell wieder aufgehört, doch der Himmel sah so aus, als ob später noch mehr "runterkommen" würde.

Aus dem Service ausgestiegen, machte ich mich auf den Weg in Richtung des Treffpunkts für meinen Arabischkurs. Ich hatte allerdings noch ein bisschen Zeit und wollte gerne ein bisschen die Gegend dort erkunden, doch ganz plötzlich ging ein richtiger Wolkenbruch auf mich nieder und ich flüchtete mich so schnell es ging in das nächstgelegene Café. Zum Glück hatte ich meine Regenjacke an und einen wasserdichten Rucksack dabei, trotzdem kam ich mit nasser Hose und nassen Schuhen im Café an und war froh, ein Dach über dem Kopf und ein warmes Getränk vor mir zu haben, denn draußen brach ein richtiges Gewitter los. Sobald es hier anfängt zu regnen, bilden sich kleine (oder größere) Sturzbäche auf den Straßen, denn das Wasser kann nirgends ablaufen. Das bedeutet: Nasse Füße, wenn man nicht gerade Gummistiefel anhat. Ich trank also meinen Cappucino und schaute dem vorbeirauschenden Wasser zu... Glücklicherweise beruhigte sich das Wetter nach einer guten halben Stunde wieder, genau richtig, um noch pünktlich zu meinem Arbaischkurs zu kommen. Und - als ob es so geplant gewesen wäre: Wir sprachen heute im Kurs über das Wetter und lernten Regen, Donner, Blitz, Sturm, Wolken, Wind und vieles mehr auf Arabisch kennen.

Nach dem Arabischkurs (ich lerne übrigens aktuell ein bis zwei Mal pro Woche den palästinensischen Dialekt in einem  kleinen Fortgeschrittenenkurs) machte ich mich auf den Weg in ein sehr schönes Café ganz in der Nähe. Auch wenn ich leider nicht draußen sitzen konnte, fand ich einen schönen Platz am Fenster und wärmte mich mit einer heißen Schokolade auf. Weil der Kurs heute wirklich Spaß gemacht hat, setzte ich mich gleich an die Hausaufgaben für nächste Woche (wir bekommen immer ganz schön viel auf, aber ich merke zum Glück auch, dass ich Fortschritte mache).

 

Nachdem ich fertig mit den Hausaufgaben war, packte ich meinen Laptop aus und erledigte noch ein paar Aufgaben und jetzt sitze ich hier und schreibe diesen Beitrag.

 

Ich genieße die Stimmung in den Café gerade sehr! Draußen regnet es inzwischen wieder ziemlich stark, trotzdem habe ich von meinem Platz am Fenster aus einen tollen Blick auf die Stadt und hier drinnen ist es kuschelig warm. Überall brennen Kerzen und im Hintergrund läuft wunderschöne Musik einer palästinensischen Band. Anscheinend kennen viele der Cafébesucher diese Band, denn gerade haben alle beim Refrain mitgesungen und auch zwischendurch hört man immer wieder den einen oder die andere mitsummen oder -singen. Einge ganz besondere Stimmung, die ich grade gerne mit jemandem teilen würde...

 

Falls jemand von Euch mal in die Lieder der Band reinhören möchte, hier ist der Youtube-Link: https://www.youtube.com/user/ZamanBandTV .

 

Ich bin dankbar, heute einfach mal einen ganz entspannten Tag gehabt zu haben: Ausschlafen, lange im Bett bleiben, auf dem Balkon frühstücken, mit meiner Mitbewohnerin quatschen und dann los nach Ramallah, das tat gut.

Die letzten Tage waren geprägt von Prüfungen: Aktuell finden die offiziellen Zwischenprüfungen der Universtität statt und auch ich wurde eingebunden. Am Dienstag half ich bei der Beaufsichtigung einer Sprachprüfung im Computerraum mit, am Mittwoch war ich Beisitzerin bei einer mündlichen Prüfung im Sprachkurs des dritten Studienjahrs. Die Studierenden wurden einzeln geprüft und sollten zuerst zwei Bilder beschreiben, die letzten Lektionsinhalte mit den Bildern verknüpfen und danach noch Fragen darüber hinaus beantworten. Ich machte mir fleißig Notizen und durfte auch Fragen stellen. Ein ganz neues Gefühl, auf der anderen Seite zu sitzen. Und obwohl ich nicht geprüft wurde, war ich doch aufgeregt. Nach der Prüfung, die insgesamt gut gelaufen ist, bezog mich Ruth außerdem in die Bewertung der Studierenden ein und wir sprachen nochmal ausführlich über jede Prüfung. Das war wirklich spannend und ich konnte viel dabei lernen. Am Donnerstag prüfte ich noch einmal in einer mündlichen Prüfung mit, dieses Mal im Literaturkurs des vierten Studienjahrs. Die sechs Studierenden sollten eine fünfminütige Präsentation über den aktuellen Stand ihrer Hausarbeit (Fragestellung, Begründung, Vorgehen, kritische Betrachtung etc.) halten, die sie am Ende des Semesters abgeben sollen. Danach wurden von Ruth noch Fragen gestellt, die teilweise gar nicht so einfach waren. Es war wirklich interessant, wie unterschiedlich die Präsentationen ausfielen: Einige hatten sich wirkich große Mühe gegeben und meisterten die Präsentation und die Fragen beeindruckend gut, andere verfehlten die Aufgabe aber ziemlich und ich muss sagen, ich war wirklich enttäuscht und habe mich fast schon persönlich angegriffen gefühlt, als einer der Studierenden völlig unvorbereitet irgendetwas vor sich hinfaselte... Im anschließenden Gespräch waren Ruth und ich uns aber in so gut wie allen Punkten einig (was auch eine gute Erfahrung war) und mussten am Ende tatsächlich eine Person durch die Prüfung durchfallen lassen. Ich habe also das gesamte Spektrum kennengelernt und bin wirklich froh, über diese Erfahrung.

 

In den nächsten beiden Wochen werde ich dann nochmal viel hospitieren und auch ein paar eigene Stunden halten. Am 25. November habe ich dann meine Sichtstunde und werde selbst bewertet und Ende November ist das Praktikum auch schon vorbei. Viel zu schnell vergeht die Zeit, denn jetzt gerade fühle ich mich so richtig angekommen und könnte von nun an richtig loslegen... Naja, das bringen diese kurzen Praktika eben so  mit sich, trotzdem habe ich schon wirklich viel gelernt und das war sicher nicht das letzte Praktikum. Mal schauen, was sich im nächsten halben Jahr noch so ergeben wird...

 

Ich grüße Euch alle ganz herzlich und mache mich nun langsam auf den Rückweg. Durch den Regen bis zum Service nach Bir Zeit. Ein schönes Wochenende an alle!

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