Ausflug an den Jordan

Heute habe ich einen Ausflug gemacht. Zusammen mit einem ganzen Reisebus voller Beit Sahour Bewohner ging es in Richtung Jericho an den Jordan. Nancy, unsere Sekretärin hatte mich zu diesem Ausflug eingeladen, der vom Musiklehrer unserer Schule organisiert worden war.

So machten wir uns in aller Frühe, um 08.00 Uhr von Beit Sahour aus auf. Im Bus herrschte gute Stimmung und besonders im hinteren Drittel, wo auch ich saß, wurde viel gesungen und Stimmung gemacht. Das war toll und ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie die Leute hier anfangen zu klatschen, zu tanzen und zu trillern, während sie singen.   

Nach ungefähr einer Stunde Fahrzeit kamen wir am Jordan an. Zum ersten Mal sah ich den berühmten Fluss, den ich aber eher einen breiterer Bach nennen würde.

Zum ersten Mal war ich auch so nah an Jordanien, wie noch nie zuvor. Wenn ich von der Schule zurück nach Hause laufe, kann ich am Horizont bei klarem Wetter ganz deutlich die Berge von Jordanien sehen und auch so sieht man sie sich immer wieder in der Ferne, hinter der Wüste, in die Höhe erheben. Ich war auch schon einige Male sehr nah an Jordanien dran, aber heute lag nur der Jordan zwischen uns, höchstens 10 Meter breit. 

So kam es auch, dass auf der einen Seite Touristen standen und auf der anderen auch. Man hätte sich ganz einfach unterhalten können. Man könnte auch ganz einfach hinüberschwimmen, aber im Wasser ist eine klare Grenze gezogen. Außerdem werden beide Seiten von Soldaten bewacht. Gegenüber von uns standen zwei jordanische Soldaten, auf unserer Seite saß das israelische Militär.

Jeder streckte einmal seine Hand nach dem heiligen Gewässer aus, oder hielt sogar seine Füße hinein.

Es wurden Fotos gemacht und ein wenig am Jordan verweilt, bis wir wieder nach oben gingen. Dort feierten wir einen katholischen Gottesdienst, unter einem großen Dach, die Seitenwände fehlten aber, sodass hinter dem Altar der Blick auf den Jordan und Jordanien fiel. Eine einzigartige Kulisse und eine einzigartige Messe, in der unser Musiklehrer neben dem Priester stand und die Liturgie sang. 

Nachdem wir uns noch einmal vom Jordan, wo inzwischen viele Touristengruppen angekommen waren, verabschiedet hatten ging es mit dem Bus weiter. Weiter zu einer Kirche in der Nähe, die von einem wunderschönen Gelände und Garten umgeben war. Ganz besonders war eine Art Park mit großen Überdachungen und vielen Tischen darunter und auf der Wiese. Dort gab es die Möglichkeit ein Picknick oder ein richtiges "Barbecue" zu veranstalten. Es gab sogar Grills dort und man musste nur sein Essen und Trinken mitbringen und konnte dann bei sommerlichen 23 C in der Sonne sitzen und einen schönen Nachmittag verbringen. Auch wir hatten unser Essen mitgebracht und teilten es untereinander auf. Viele Familien kamen mit der Zeit und manche veranstalteten ein richtiges Gängemenü, die Frauen müssen schon den ganzen Vormittag in der Küche gestanden und vorbereitet haben. 

Lustigerweise trafen mit der Zeit immer mehr Familien aus Beit Sahour ein und so kam es, dass ich den ein oder anderen Schüler bzw. Schülerin traf. Das Gelände war voll von Stimmen, die Eltern saßen an den Tischen beisammen, die Kinder spielten auf den Wiesen. Die jungen Leute rauchten eine "Agila" und es herrschte eine schöne und ausgelassene Stimmung. Alle genossen den Sonntag, der sich schon fast wie im frühen Sommer anfühlte. Wenn man zu lange mit langer Hose und Pullover in der Sonne saß, wurde es schon fast zu warm. 

Anscheinend nutzen viele Menschen aus der Gegend um Bethlehem die freien Wintertage, um in Richtung Jericho zu fahren, wo es nie Winter zu werden scheint. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie heiß es dort im Hochsommer wird. Aber im Hochsommer fährt man dann einfach weiter in den Norden. 

Wir spazierten noch eine Weile über das Gelände, besichtigten die Kirche und die Gärten darumherum. Es gab außerdem viele Tiere, die natürlich vor allem die Kinder begeisterten. Ganz besonders hat mir dieser kleine Herr gefallen, der in seinem Käfig saß und mich immer wieder frech anblinzelte...

Irgendwann am späten Nachmittag packten wir dann wieder alles zusammen und fuhren mit dem Bus nach Jericho, wo wir nochmal ungefähr eine Stunde blieben. Dort war ich zwar schon am Vortag gewesen, aber ich nutzte die Zeit, wie die anderen Frauen, um Obst und Gemüse einzukaufen. Diesess ist nämlich in Jericho besonders gut. Besonders begeistert bin ich von den kleinen Bananen, die total aromatisch und süß sind. In Jericho schmeckt das Gemüse und Obst wirklich so, wie es schmecken sollte. Man merkt, dass es viele Sonnenstunden abbekommen hat und dass die Gegend um Jericho ganz besonders fruchtbar ist und auch gut bewässert werden kann.

Was ich sehr lustig fand: Die jungen Männer, nicht viel älter als ich, liehen sich alle für diese Stunde ein Fahrrad aus und fuhren begeistert wie die kleinen Kinder durch die Straßen. In Bethlehem und der Umgebung fährt niemand Fahrrad, höchstens mal die Kinder. Warum das so ist, weiß ich auch nicht genau. Man sagt, dass Fahrradfahren etwas für Kinder ist und Frauen fahren sowieso nicht Fahrrad. Außerdem ist es hier so bergig, dass die Wege mit dem Fahrrad warhscheinlcih ganz schön anstrengend wären. Trotzdem wäre es auch sehr geschickt. Mein Vorgänger Andreas hat sich aus diesen ganzen Dingen aber nichts gemacht und ist hier bei jedem Wetter mit seinem Fahrrad durch die Gegend gefahren. Auch heute noch ist er bekannt dafür.

Am Abend kamen wir dann schließlich wieder in Beit Sahour an und ich war glücklich, an diesem Ausflug teilgenommen zu haben. Es hat großen Spaß gemacht und die Sonnenstrahlen taten wirklich gut. Vor allem wenn ich daran denke, dass die nächsten Tage kalt und regnerisch werden sollen.

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Kommentare: 2
  • #1

    Christel (Dienstag, 19 Januar 2016 21:39)

    Meine ersten Eindrücke am Jordan ähnelten deinen. Bleibe weiter so neugierig. Ich freue mich immer wieder über die bildreichen Berichte.
    Großmutti

  • #2

    Anna (Mittwoch, 20 Januar 2016 10:17)

    Liebe Großmutti,
    ich freue mich sehr, dass du meinen Blog so intensiv verfolgst.
    Ihr seid herzlich eingeladen, den Jordan oder die vielen anderen Seiten des Landes noch einmal anders kennen zu lernen und mich zu besuchen.
    Ich grüße dich und euch ganz herzlich!
    Anna