Abenteuerfahrt #2

 Sicher war das Auto auf der anderen Seite und wir machten uns auf den Rückweg...

Dieser führte genau auf der selben Strecke zurück, die wir schon vom Vormittag kannten. Damit auch die kritischen Stellen, diese waren aber leider nicht weniger geworden. Ihr könnt euch ja wahrscheinlich denken, was das für uns Mitfahrer bedeutete. Raus aus dem Auto, laufen, wieder einsteigen. Weiter ging es, fünf Minuten später kam die nächste kritische Stelle. Also alle raus aus dem Auto, Johannes koordinierte und wir stiegen wieder ein. So ging das immer weiter und wir machten uns einen Sport daraus, die Zeit zu stoppen. Lorenz zählte laut und wir versuchten, so schnell wie möglich aus- bzw. einzusteigen. Später versuchten wir dieses Spiel fotografisch festzuhalten, was dabei rauskam könnt ihr hier betrachten. Fast so viel Spaß wie auf dem Foto hatten wir auch bei jedem Aus- und Einsteigen unterwegs.

Als wir an der Abzweigung zum Aussichtspunkt vorbeigefahren waren, kam uns auf einmal ein Auto entgegen und kurz darauf noch ein zweites. Zum ersten Mal seit Stunden sahen wir auf dieser Strecke andere Menschen, die allerdings in geeigneteren Fahrzeugen unterwegs waren. Sie wunderten sich wahrscheinlich auch, was wir in einem solchen Auto in der Wüste auf diesem Weg zu suchen hatten.  

Das Spiel ging weiter und wir näherten uns langsam aber sicher dem Punkt, wo wir am Morgen von der Straße auf den steinigen Weg gelangt waren. Auf einmal kam hinter uns wieder eines der Autos, die uns zuvor entgegengekommen waren angefahren. Ein Pick-Up. Gut gefedert und mit einem Fahrer, der sich auszukennen schien. Er zeigte uns an, dass wir ihm folgen sollten und zeigte uns den "angenehmsten" Weg, hinaus aus der Wildnis, bis wir schließlich auf der Wüstenstraße angekommen waren. Weiterhin winkte er aus dem Auto heraus und gab uns mit Handzeichen zu verstehen, dass wir ihm hinterherfahren sollten. Wir fuhren also hinterher und bogen kurz danach in ein kleines Dorf aus den typischen Beduinenzelten/-häusern ab. Die beiden Männer baten uns auszusteigen und in einem der Zelte auf Kissen am Boden platzzunehmen. Zum Glück hatte Lorenz noch eine Dose voll Datteln dabei, die wir kurzerhand als "Gastgeschenk" mitbrachten. So saßen wir also dort, fünf Deutsche und zwei Beduinen. Sie könnten Vater und Sohn sein, der eine wirkte ein wenig wie der Älteste der Gemeinschaft. Freundlich wurde sich angelächelt, ein paar Begrüßungsfloskeln ausgetauscht und dann.. Ja dann wurde es schon etwas schwieriger. Die beiden Besucher von Lorenz konnten gar kein Arabisch, Lorenz konnte nur bei den ersten Sätzen mithalten und dann lag es an Moritz und mir, das Gespräch aufrecht zu erhalten. Doch auch Moritz stieg irgendwann mehr oder weniger aus, sodass am Ende ich die ganze Zeit redete und übersetzte. Wahrscheinlich mit ziemlich vielen Fehlern und einigem Gestammel, aber mit Hilfe meiner Hände und den Worten, die ich in meinem Gedächtnis finden konnte, kam doch ein relativ gutes Gespräch zustande. 

Nach ein paar Minuten wurde uns der typisch arabische Schwarztee mit viel Zucker serviert und wir teilten uns die Datteln. Viele neugierige Kinderaugen blickten immer mal wieder um die Ecke und ins Zelt und irgendwann kamen dann auch einige Mädchen und Jungen an, die sich über die Datteln und die komischen Ausländer freuten. Es wurde viel gekichert und geschaut, aber gleichzeitig auch eine große Herzlichkeit ausgestrahlt. Irgendwann war der Tee leer getrunken und mir gingen langsam aber sicher auch die Worte aus, gerne hätte ich noch mehr gefragt und erzählt, aber so gut ist mein Arabisch einfach immer noch nicht. In der Stadt kommt man einfach zu gut mit Englisch aus. Am Ende wurden wir herzlich eingeladen, noch einmal wiederzukommen und uns wurde alles Gute und Gottes Segen gewünscht. Dann ging es für uns weiter in Richtung Beit Jala, zurück in Richtung der Stadt. 

Ganz unerwartet waren wir so zu einem Adventstee eingeladen worden, der uns allen unvergesslich in Erinnerung bleiben wird. Ganz besonders war diese Zeit in dem Beduinenzelt, ganz ohne Reiseführer und Touristenvorführung. Leider habe ich dort keine Fotos gemacht, aber ich hoffe, ihr könnt euch ein bisschen von der Umgebung vorstellen. Vom Zelt aus hatten wir übrigens einen tollen Blick in Richtung der Wüste und vor unseren Augen spielten bestimmt fünfzig kleine Ziegen in der Sonne. Sie spielten Fangen und ließen ihre langen Ohren fliegen, sprangen umher und malten so ein ganz besonderes Bild, an dem wir viel Freude hatten.

Bevor wir zurück in die Stadt fuhren verabschiedeten wir uns noch einmal von der Wüste und machten uns dann auf zum absoluten Kontrastprogramm, was in Beit Jala - Talitha Kumi - im Hause des Rektors stattfand. Wir alle hatten nämlich die Einladung zum Adventskaffee mit Christstollen und allem, was zu einem typisch deutschen ersten Advent dazugehört, bekommen...

Noch mit dem Gefühl der Wüstensonne auf der Haut betraten wir wenig später das Rektorenhaus und wurden herzlich von Frau und Herrn Lindemann empfangen. Die Wohnung war wunderschön weihnachtlich geschmückt und dekoriert, an verschiedenen Stellen waren Tische eingedeckt worden und ein großes Kuchen-, Plätzchen- und Stollenbuffet lachte uns entgegen. Nachdem alle begrüßt worden waren, nahmen wir Platz und das große "Schlemmen" begann. Auf den Tischen gab es auch deute Schokolade und Marzipankartoffeln, was mich besonders freute (ich liebe Marzipan). Außerdem wurde Weihnachtstee und vor allem richtiger Kaffee serviert. Das war toll, denn wir trinken hier fast immer nur den arabischen Kaffee. 

Es wurde geredet, gegessen und viel gelacht und hatte insgesamt eine sehr schöne Atmosphäre. Nach einer Weile gingen Caro, Moritz, Emil und ich zurück in die WG, um unsere Instrumente zu holen und spielten dann für die anwesenden Gäste noch ein paar Advents- und Weihnachtslieder. Ich glaube, darüber haben sich alle gefreut und es wurde fleißig mitgesungen. Alles war "typisch deutsch", es waren auch nur deutsche Lehrer mit ihren Partnern und deutsche Freiwillige anwesend. Ein wenig ungewohnt war es schon und wie eine kleine Blase kam mir dieser Nachmittag vor. Aber irgendwie war es auch richtig schön und wurde so für eine Weile richtig adventlich.

Bis zum Schluss konnte ich aber bleiben, denn am Abend war ich noch bei meinem Vorgesetzten aus der Schule zum ....... Adventstee ;-) ....... eingeladen. In seinem Haus, was übrigens direkt an einen israelischen Militärstützpunkt angrenzt - hatten sich seine Familie, Freunde und auch einige der amerikanischen Volontäre samt Betreuer versammelt. Auch Elisabeth, ein finnischer Volontär und Herr Nieper (der Nahostreferent des BMWs, der zu der Zeit im Land war), sowie Carolin und ich hatten uns dort eingefunden und saßen nun alle im Wohnzimmer, wo das "Schlemmen" direkt weiterging. Jetzt aber mit den typisch arabischen Weihnachtssüßigkeiten. Auch hier wurde viel geredet und gesungen. Caro und ich spielten zusammen mit einer Querflöte aus einem arabischen Liederbuch, zum ersten Mal spielte ich von rechts nach links. Nach dem ersten Stück hatte ich mich daran gewöhnt und es ging ganz leicht. Auch diese Feier am ersten Advent war ganz besonders.

 

Anders als zuvor beim deutschen Rektorenehepaar und anders als im Zelt der Beduinen. Doch alle drei Zusammentreffen waren wunderbar und unvergesslich.

Ein langer Tag ging zu Ende, ich bin froh, dass ich alles gemacht habe.

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Kommentare: 2
  • #1

    Stefan Vetter (Donnerstag, 14 Januar 2016 12:35)

    Hallo, du fleißige Blogschreiberin.
    Du näherst dich dem 50. Eintrag und solltest deshalb die Zahl der angezeigten Einträge erhöhen, wenn du so weiterschreibst, am besten gleich auf 100 :), sonst werden die ersten Einträge nicht mehr angezeigt.
    Bei uns scheint nun endlich der Winter zu kommen. Heute Nacht gab es zum ersten Mal richtig Frost. Da wärmen deine Wüstenerlebnisse gleich besonders gut.

    Liebe Grüße, Papa

  • #2

    christel krause (Donnerstag, 14 Januar 2016 16:33)

    Liebe Anna, dein Bericht über die Wüstenfahrt erinnert mich sehr an unsere erste Fahrt in Südafrika. Großvater und ich fuhren im Leihauto, allein und mit mini Englischkenntnissen durch den südlichen Teil, z.B. Kwazulu Natal, wo wir in ein Naturreservat wollten. Wir erwischten die falsche Einfahrt und zwei Afrikaner auf Empfang von Touristen eingestellt, sprangen uns als wilde Eingeborene entgegen. Erschrecken und Lachen auf beiden Seiten. Liebe Grüße Großmutti